Warum ist die Sterblichkeitsrate infolge von Corona in Spanien so hoch?

(von Wochenblatt)

Experten führen die hohe Todesrate unter anderem auf die Alterung der Bevölkerung und die Bevölkerungsdichte in den betroffensten Regionen zurück

Madrid – In Spanien hat am Montag (6. April 2020) die vierte Woche der Isolierung begonnen, in der das Land einen traurigen Spitzenplatz erreicht hat. Mit 13.055 Toten – 28 Todesfällen je 100.000 Einwohner – hat Spanien Italien überholt und sucht vergeblich nach Hinweisen auf eine Besserung der Lage, um Hoffnung auf einen Ausweg aus der schlimmsten Gesundheitskrise der letzten 100 Jahre zu machen, wie es Gesundheitsminister Salvador Illa ausdrückte.



Die Zeitung El País ist der Frage

nachgegangen, weshalb die Letalitätsrate des Coronavirus ausgerechnet in Spanien
so hoch ist.



Die Alterung der Bevölkerung und die Tatsache,

das viele Senioren an chronischen Krankheiten leiden, spielen nach Ansicht von
Pere Godoy, Vorsitzender des spanischen Verbands der Epidemiologen, eine Rolle.

El País gegenüber erklärte Godoy, dass auch die Ausbreitung des Coronavirus in

Senioren- und Pflegeheimen ein Grund dafür sei, dass in Spanien so viele
Menschen am Coronavirus sterben.



Nachdem sich noch vor wenigen Tagen angesichts

sinkender Todeszahlen Hoffnung breit machte, wurde diese Anfang der Osterwoche
durch erneut ansteigende Opferzahlen zerstört.



Allein in den 710 Altenpflegeheimen der Region

Madrid – öffentliche und private Einrichtungen – starben im vergangenen Monat
4.260 von insgesamt 4.750 Personen am Coronavirus oder infolge von Symptomen,
die darauf hindeuten, räumte am 8. April der Vizepräsident der
Regionalregierung von Madrid, Ignacio Aguado, ein.



Im Zusammenhang mit der Statistik der

Opferzahlen erklärte Pere Godoy El País gegenüber weiter, dass auch die
Feststellung der Todesursache eine Rolle spiele, d.h. ob diese tatsächlich das
Virus war oder ob die Person an ihren Vorerkrankungen starb. Nicht in allen

Ländern würde bei der Aufzeichnung der Todesursache gleich verfahren, weshalb

auch ein Vergleich mit anderen Ländern nur bedingt möglich sei.



Zum demografischen Faktor und den

Aufzeichnungen fügt José María Martín, Professor für Medizin und

Gesundheitswesen der Universität Valencia, El País gegenüber hinzu, dass auch

der Zeitpunkt der Erkennung eine Rolle spielen kann. Es sei möglich, dass

Spanien bei der Früherkennung anderen Ländern wie Deutschland und Korea

hinterher sei, die auf massive Tests gesetzt hätten, wodurch es möglich wurde,

Infizierte zu isolieren und die Übertragungskette zu stoppen, sodass das Virus

die gefährdetsten Bevölkerungsgruppen nicht erreichen konnte. Außerdem, so

betonte Martín, sei in den letzten Jahren nicht genügend in das öffentliche

Gesundheitssystem investiert worden.



Jesús Rodríguez Baño, Chef der Abteilung für

Infektionskrankheiten des Hospital Virgen Macarena in Sevilla, hat eine weitere

Erklärung für die hohen Sterblichkeitsraten in Spanien und Italien: „Es sind

noch Studien notwendig, aber möglicherweise könnte es auch mit unserer Art der

sozialen Kommunikation zu tun  haben, mit

mehr physischer Nähe“, erklärte er El País gegenüber. Auch seien in Spanien die

am härtesten getroffenen Gebiete, ebenso wie die im Norden Italiens, Gebiete

mit einer besonders hohen Bevölkerungsdichte.



Zum Krisenmanagement erklärte Rodríguez Baño,

dass es vielleicht durch mehr Tests und Isolierungen in der Anfangsphase

möglich gewesen wäre, die Übertragungskette zu unterbrechen, bevor die

besonders gefährdeten Personengruppen erreicht werden. Er wolle sich aber in

dieser Hinsicht in Demut üben, „denn in gewisser Weise machen wir alle in den

ersten Phasen Fehler“. Zum jetzigen Zeitpunkt sei es einfach zu erkennen,

weshalb es dazu dienen sollte, daraus zu lernen und das Geschehene zu

analysieren.



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